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Nachruf für Gudrun Geibig

Nachruf für Gudrun

Gudrun Geibig ist am 2.Januar 2024 gestorben. Sie hat eine große Lücke hinterlassen. Ihr Tod ist nicht nur für ihre Familie, sondern auch für die vielen Menschen, die von ihr inspiriert wurden, ein großer Verlust.

Ihr Name „Gudrun“ bedeutet „Die geheimnisvolle Kämpferin“ und das war sie auch. Aufgewachsen als älteste Tochter in einem Dorf in der Nähe von Aschaffenburg fühlte sie sich der Natur von Anfang verbunden. Ihre Eltern erachteten Bildung für ein Mädchen nicht als wichtig, deshalb las sie heimlich so viel sie konnte, bis es in der mobilen Bücherei des Dorfes kein Buch mehr gab, das sie nicht schon gelesen hatte.

Schon früh engagierte sie sich früh in der katholischen Kirche, in der damals ein erstaunlicher Freigeist herrschte und leitete mit 14 Jahren ihre ersten Jugendgruppen. Als die Kirchenverwaltung die Freiheiten einschränkte, wandte sich Gudrun anderen Wegen zu. Zusammen mit ihrem Mann Peter, bauten sie eines der ersten Naturhäuser mit Holz, Lehm und Grasdach. Die Verantwortung für das eigene Leben und für die Gesellschaft gingen bei ihnen Hand in Hand.

Gudrun war Mitbegründerin eines Vereins: „Frauen helfen Frauen in Burghausen“. Um Gewalt gegen Frauen vorzubeugen, stellten sie einen Frauennotruf auf die Beine und gründeten ein Frauenhaus. Es ging aber auch um die Entdeckung einer selbstbestimmten Weiblichkeit, um neue Rituale zur Walpurgisnacht, um Frauenrechte, um Frauenlust, um Frauensolidarität.

Gudrun war zugleich leidenschaftliche Hausfrau und Mutter, die das Essen für die Familie zu Teilen selbst anbaute und das Leben so naturnah wie möglich gestaltete. Gleichzeitig war sie sehr aktiv in der Friedensbewegung, organisierte Demos und kämpfte gegen die atomare Aufrüstung. Sie kämpfte so sehr, dass sich der Kampf schließlich in sie selbst und ihren Körper verlagerte. Eine bedrohliche Erkrankung ließ sie vom Kämpfen loslassen und veranlasste sie sich mehr nach innen zu wenden. Schon zuvor hatte sie sich für die Zusammenhänge von Gesundheit, Ernährung, Lebensführung und Selbstfürsorge interessiert. Jetzt wurde es ihr Lebensschwerpunkt. Ihre besondere Leidenschaft galt dem Tai Chi, aber auch Qi Gong, Wilderness, Feldenkrais, Akupunktur, Schamanismus und da besonders dem Trommeln und dem Zen-Buddhismus.

Gudrun hat in Aschaffenburg eine große Tai Chi Schule geleitet, den „Tai Chi Raum“ In den selben Räumen führte sie auch ihre Heilpraktiker Praxis, einen kleinen Shop und ein Seminarzentrum, in dem Kurse und Workshops Tai Chi verwandter Künste stattfanden. Eine besondere Leidenschaft war ihr das Netzwerken und Organisieren. 2001 wurde sie Mitglied in der ältesten und Fachorganisation Deutschlands im Taijiquan und Qigong Netzwerk. Bald brachte sie sich aktiv mit ihren vielseitigen Talenten ein und stellte kostenfrei ihre Räume für Netzwerkveranstaltungen zur Verfügung. Als wir 2003 im Verein unsere ersten Ausbildungsstandards beschlossen, war Gudrun eine der ersten, die sich zertifizieren ließ. Zunächst als Lehrerin, später als Ausbilderin. Die Entwicklung des Vereins lag ihr sehr am Herzen. 2005 entwickelte sie gemeinsam mit Sonja Blank, damaliger Vorstandsfrau, auf einer sehr langen Autofahrt die Idee zu einer vereinseigenen Bildungsakademie. 2006 war es dann so weit: Die Qilin-Akademie wurde gegründet und Gudrun übernahm die Leitung. Sie sprühte nur so vor Ideen und hatte dabei immer auch Kooperationen und Vernetzungen im Blick, die in die Gesellschaft hineinreichten. So kam es zu Kooperationen etwa mit der Akademie Heiligenfeld und mit der Heimerer-Akademie. Es ist Gudrun zu verdanken, dass die Qilin-Akademie zeitweise beim Hessischen Bildungsministerium akkreditiert war und dass heute die AusbilderInnen und Lehrkräfte von der Umsatzsteuer befreit sind.

Gudrun war der Entwicklung des Vereins immer zwei Schritte voraus und zog den Vorstand und den ganzen Verein mit. 2008 entwickelte sie die Idee zu einer Spezialausbildung Taijiquan-Kursleiter für Kinder und Jugendliche, die sehr erfolgreich war. Ganz im Sinne des Netzwerkens stellten hier 3 Experten ihr Fachwissen zur Verfügung und vermittelten durchaus unterschiedliche Lehransätze beispielsweise beim Umgang mit Störungen. Weitere Spezialausbildungen wie etwa die für Medizinisches Grundwissen wurden geplant. Hier nahm sie vorweg, was später bei der Umsetzung des Leitfadens 2018 als große Aufgabe auf den Verein zukam. Die Mitgliederversammlung hatte beschlossen, dass einerseits eine Zertifizierung nach den bisherigen Ausbildungsleitlinien des Vereins weiter bestehen, es aber gleichzeitig auch die Möglichkeit geben sollte, sich von Krankenkassen anerkennen zu lassen. Dieser schwierige Spagat gelang nur durch Gudruns Engagement, ihre hohe Fachkenntnis und ihre jahrelangen Erfahrungen als Ausbildungsleiterin und Managerin in der Schule „Tai Chi spielen“. Gudrun war federführend bei der Entwicklung des modularen Ausbildungsweges mit 7 Stufen wie wir ihn jetzt haben. Bei der Umsetzung traten eine Menge Fragen und Probleme auf, die wir regelmäßig in der AG AL diskutierten. Hier war Gudrun eine wichtige Stütze. In der Schule „Tai Chi Spielen“, der sie seit 15 Jahren angehörte, strukturierte sie die Ausbildungen so, dass das erworbene Wissen zum eigenständigen Lernen und Weitergeben geeignet war. So schuf sie beispielsweise ein schulinternes riesiges Wiki, in dem Texte, Filme, Arbeiten von Schülern, Wissen aus Büchern, aber auch Gedichte und Lieder, Fotos und Tagebücher, Prüfungsarbeiten und Ergebnisse von Arbeitsgruppen zusammengetragen wurden. Von diesem Werk können sicher noch Generationen von Schülern profitieren. 

Für beide Institutionen die Schule „Tai Chi spielen und das „Taijiquan und Qigong Netzwerk“ heute Bundesvereinigung (BVTQ) betreute Gudrun auch die sozialen Medien wie Facebook, Twitter und youtube. Diese Kanäle wurden wesentlich von ihr mitgeprägt. Besonders die youtube-Kanäle brachte sie voran und wurde nicht müde, die BVTQ-Mitglieder anzusprechen, kleine Videos zur Verfügung zu stellen. Mittlerweile sind auf beiden Kanälen eine Menge wertvollen Materials zu finden. Gudrun hat hier sehr viel aufbauende Arbeit geleistet und sozusagen die Grundpfeiler errichtet, auf denen jetzt andere weiter bauen können.

Gudrun liebte die Natur. Immer streifte sie durch die Wälder ihrer Heimat, in der sie die Kräuter zu Freunden hatte, aber auch über die Vulkane auf den Kanaren oder durch den indischen Urwald. Gudruns Natur war die Begeisterung. Sie konnte sich für Ideen begeistern, für Menschen, für Gefühle, für Essen und Trinken und für Erfolge. Wenn wieder einmal etwas Großes gelungen war, öffnete sie eine wertvolle Flasche und zündete sich eine lange edle Zigarre an. Nur so als Geste.

Dieses Frühjahr spielte sie vor ihrem Haus die Schwertform. Sie erlitt dabei einen schweren Schlaganfall, den sie nur mit großem Glück überlebt hat. Die Ärzte hatten wenig Hoffnung, aber Gudrun schaffte es gegen die Erwartung der Ärzte wieder eigenständig zu atmen, zu sprechen und zuletzt sogar wieder die ersten eigenständigen Schritte zu machen. Der Tod kam dann überraschend und plötzlich.

Gudrun hat das Leben und die Menschen geliebt. Manche sagen, die Toten würden uns als Geister begleiten. Sollte das wahr sein, Gudrun würde sich an allem erfreuen, das uns gelingt und erfreut und sie würde jubeln und Rauchringe blasen!